Anfang 2020 erreichten uns die Nachrichten wie ein Schlag, als es hieß, eine noch unbekannte Lungenkrankheit bahnt sich ihren Weg über den gesamten Globus. Es gab viele Bewältigungsstrategien: Hamsterkäufe, Verharmlosung, Vorsicht. Gerade in den medizinischen und pflegerischen Berufen waren die Mitarbeiter*innen einem erheblichen Risiko ausgesetzt. So auch die zu Pflegenden, die in den meisten Fällen zu den vulnerablen Gruppen gehören. Eine Impfung war noch lange nicht in Sicht und die Sicherheitsbekleidung konnte wegen Lieferungsengpässen trotz großer Anstrengungen nicht immer ausreichend da sein. Man half sich in Einrichtungen und ambulanten Diensten mit Materialien gegenseitig aus.
Mitten in dieser Zeit arbeitet auch Sabrina Herrmann im „Haus Hubwald“ in Eppelborn mit der Unsicherheit, ob sie sich nicht bei ihrer täglichen Arbeit anstecken könnte.
Bereits während ihres Abiturs arbeitete die Lebacherin in der Einrichtung für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen. Sabrina Herrmann war von den Eindrücken und Erfahrungen so begeistert, dass sie direkt nach dem Abitur mit einer Ausbildung zur Pflegefachkraft im „Haus Hubwald“ angefangen hat. Und sie wurde nicht enttäuscht. Das tolle Team und die sympathischen Bewohner*innen haben es ihr besonders leicht gemacht. Vor kurzem absolvierte sie zusätzlich die Weiterbildung zur Hygienefachkraft und ist wahnsinnig stolz auf ihren Weg. Die junge Frau war in ihrer Freizeit immer aktiv unterwegs: Fitnessstudio Besuche, mit Freunden wandern oder klettern. All das fällt jetzt schwerer als früher. Denn noch bevor die 26-Jährige Pflegefachkraft sich impfen lassen konnte, infizierte sie sich im Februar 2021 mit dem Coronavirus auf der Arbeit. Jetzt, vollständig geimpft und geboostert, leidet sie immer noch an den Folgen der Covid-Erkrankung.
Ihre Erfahrungen mit ihrer Erkrankung teilte sie mit uns im folgenden Interview:
Frau Herrmann, Sie haben sich im Februar 2021, noch bevor Sie sich impfen lassen konnten, mit dem Coronavirus angesteckt. Wie war der Moment für Sie, als Sie das positive Testergebnis zurückbekommen haben?
Herrmann: „Die Einrichtungsleitung ist zu mir gekommen und hat mir das Ergebnis vom täglichen Schnelltest gesagt. Ich war geschockt und dachte: „Nee das kann nicht stimmen!“ Und als ich das PCR- Ergebnis am nächsten Tag erhalten habe, war es schon ein riesen Schock. Ich war unsicher, hatte Ängste. In mir ist dann alles abgespult, was in den nächsten Tagen passieren könnte. Da war dann schon irgendwo auch Panik.“
Hat es Sie als einzige erwischt?
Herrmann: „Nein. Sowohl mehrere Kolleg*innen als auch Bewohner*innen haben sich mit dem Virus infiziert. Sie haben teilweise bis heute noch Probleme mit Long-Covid.
Können Sie schildern wie Sie Ihre Quarantänezeit und den Krankheitsverlauf erlebt haben?
Herrmann: „Die Quarantäne dauerte bei mir drei Wochen. Da ich mit meiner Familie in einem Mehrgenerationenhaus lebe, habe ich leider auch meine Mama angesteckt. Das ist eine schwierige Situation, weil man weiß, man hat jemanden krank gemacht. Nur weil ich nach der Arbeit noch kurz „Hallo“ gesagt habe. Das hat schon ausgereicht.
Meine Erkrankung verlief so, dass ich zwei Wochen durchgehend vierzig Grad Fieber hatte. Trotz Medikamente wurde das Fieber einfach nicht weniger. Dazu kamen Husten, Schnupfen, Schwierigkeiten zu atmen, ich konnte keine Treppen steigen. Rückblickend gesehen, wäre ich besser ins Krankenhaus. Kontakt mit Ärzten hatte ich nur telefonisch und die Rezepte wurden von Freunden oder Familie abgeholt, in der Apotheke eingelöst und vor die Haustür gestellt.
Wie kamen Sie mit der ganzen Situation klar?
Herrmann: „Ich spreche viel mit Freunden oder Familie darüber. Ich habe das alles verkraftet. Von ihnen hatte ich sehr viel Unterstützung. Jeden Tag haben sie mich angerufen und gefragt wie es mir geht. Auch mit den Kolleg*innen hatte ich immer Kontakt über WhatsApp. Dort tauschte man sich aus und war nicht alleine. Mir wurde auch sehr viel selbstgekochtes Essen vor die Tür gestellt. Aber niemand wusste so richtig, wie man mir helfen sollte, weil sie auch die Lage nicht einschätzen konnten.“
Leiden Sie immer noch an Folgen der Erkrankung?
Herrmann: „Ja. Heute habe ich immer noch Probleme mit Wortfindungsstörungen oder auch Aufmerksamkeitsstörungen. Dann kann ich manchmal Informationen nicht so ganz richtig verarbeiten, wie sie mir erzählt werden. Oder wenn ich zum Beispiel in der Übergabe sitze, komme ich manchmal nicht mehr auf die Bewohnernamen, obwohl ich jeden Tag mit ihnen zu tun habe. Auch die Sauerstoffsättigung ist leider immer noch oft zu niedrig und auch Hypertonie ist jetzt Teil meines Lebens.“
Was meinen die Ärzt*innen dazu? Gibt es irgendwelche Angaben, wie lange Sie noch damit zu kämpfen haben?
Herrmann: „Ich bin bei meinem Arzt in Behandlung, aber er weiß nicht, ob es je wieder weg geht, weil Long-Covid einfach noch nicht genug erforscht ist. Das ist für mich sehr schwierig damit umzugehen.“
Aus Angst vor einer erneuten Ansteckung mit schlimmem Verlauf ließen Sie sich direkt impfen, sobald Sie die Empfehlung dafür bekamen. War die Impfreaktion schlimmer als Ihre Erkrankung an Covid-19?
Herrmann: „Ich hatte gar keine Impfreaktion. Mein Arm hat ein bisschen wehgetan, aber das war´s dann auch schon. Ich war einfach froh, dass ich geimpft bin. Sonst wäre ich nicht mehr arbeiten gegangen, mir war das sonst einfach zu risikoreich. Meine Angst, hat mir da im Weg gestanden.“
Macht es sie betroffen, wenn Sie sehen, dass viele Leute immer noch skeptisch sind, sich impfen zu lassen?
Herrmann: „Ja, denn ich finde es geht nicht nur um einen selbst, sondern auch um andere Menschen. Um Freunde, Familie und auch die Bewohner*innen. Ich akzeptiere es, wenn sich jemand nicht impfen lassen möchte. Gut finde ich es aber nicht.
Was würden Sie Leuten raten, die sich noch nicht sicher mit der Impfung sind, vielleicht sogar Angst davor haben?
Herrmann: „Man soll sich mit Kolleg*innen, Freund*innen oder der Familie austauschen, sich an Ärzte wenden und sich über die Impfung aufklären lassen. Wie sie wirkt, wie sie einem helfen kann. Und man sollte einfach das Gespräch suchen und sich auch auf der Seite des RKI informieren.“
Gibt es zum Schluss noch etwas, was Sie sagen möchten?
Herrmann: „Lasst Euch bitte impfen“.
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